Warum Ihre Emotionen so wichtig sind für Ihre Beratung
Wenn ich ein Thema selbst als unspannend, lästig, nervig, stressig empfinde, werde ich das irgendwie zeigen.
In der Podcast-Episode 145 geht es darum, wie wichtig Ihre eigenen Emotionen sind für Ihre Präventionsarbeit. Wir reden darüber, in welcher Form Ihre Emotionen die Stakeholder beeinflussen, mit denen Sie zusammenarbeiten. So, dass Sie in Zukunft achtsamer mit sich und Ihren eigenen Emotionen im Arbeitsalltag umgehen.
Ich zeige Ihnen, welchen großen Einfluss Ihre Gefühle und Gedanken haben auf Ihre Arbeit in der betrieblichen Prävention. Denn das betrifft uns alle, egal wie professionell wir arbeiten und wie kühl wir nach außen rüberkommen. Auch das erzeugt nämlich Emotionen bei den Mitarbeiter:innen und den Führungskräften mit denen wir arbeiten.
Lassen Sie mich dazu eine kleine Geschichte erzählen:
Meine Tochter hat ein neues Musikbuch bekommen, wo es auf jeder Seite einen kleinen Knopf gibt und wenn man diesen drückt, dann wird ca. 10 Sekunden lang klassische Musik gespielt.
Auf einer Seite war Franz Schuberts "Unvollendete" und ich fand, das klingt wie Schwanensee. Also google ich das und lande in einem Forum von Klassikfans und bin drauf gekommen: Es gibt Leute, die hören sich ganz bewusst ein Musikstück an aufgenommen von verschiedenen Orchestern mit verschiedenen Dirigenten und vergleichen dann die Interpretationen von diesem Musikstück.
Und ich finde mit unserer Präventionsarbeit ist es ähnlich. Selbst wenn alles stark vorgegeben wäre, bringen wir als Präventionsexpert:in trotzdem unsere eigene Note mit ein (Takt, Interpretation, Klangfarben, ....).
Und das kann man eigentlich übersetzen mit unseren Emotionen und unserer Persönlichkeit, die wir da reinbringen. Das ist sozusagen der Ton, der die Musik macht.
Selbst wenn wir Vorlagen verwenden, Folien die jemand anderer erstellt hat oder Standard-Unterweisungen: Trotzdem haben wir unsere Emotionen, unsere Persönlichkeit, die wir da reinbringen. Und unsere Emotionen sind nicht nur immer da, sie sind auch unser Werkzeug und zusätzlich ein Signalgeber, was auf uns einwirkt.
Was meine ich mit Werkzeug?
Wir lösen mit unseren Emotionen auch Emotionen beim Gegenüber aus. Es macht beispielsweise einen Unterschied, ob ich einen Vortrag halte, wenn ich mich gerade sehr gut fühle, ausgeschlafen und topfit bin und gerade ein Kompliment bekommen habe oder wenn ich nicht gut geschlafen habe und sich gerade ein Kunde beschwert hat und die Großmutter am Vortag gestorben ist. Da werde ich trotzdem versuchen, den Vortrag sehr professionell zu halten und mit viel Energie rüberzubringen. Aber er wird wahrscheinlich anders ankommen.
Jetzt können Sie natürlich sagen: "Nein, das macht für mich keinen Unterschied. Ich arbeite ja professionell! Bei mir ist das immer gleich." Dann reden wir mal über Emotionsarbeit.
Einfluss-Variante 1:
Emotionsarbeit gegenüber anderen Leuten, wenn diese etwas sagen
Wenn wir beeinflusst werden in unseren Emotionen, dann leisten wir sogenannte Emotionsarbeit. Wir müssen in unserer Arbeit als Dienstleister:in immer mal wieder Emotionen zeigen, die wir so gerade nicht empfinden oder zumindest nicht so stark.
Das gibt es in allen Dienstleistungsberufen, z.B. im Einzelhandel, bei Flugbegleitungen, ...
Man nennt es auch den "Lächelstress". Wir als Präventionsexpert:innen brauchen nicht so zwanghaft lächeln wie z.B. Flugbegleiter:innen. Aber trotzdem kommt es bei uns auch vor, dass wir Emotionen anders zeigen als wir sie fühlen.
Wie geht's Ihnen, wenn die Geschäftsführerin eines Kunden zu Ihnen am Telefon sagt: "Danke für die bisherigen Seminare. Aber für das kommende Kalenderjahr haben wir uns etwas anderes vorgestellt und ich bin mir nicht sicher, ob Sie da passend sind."
Oder wenn ein Abteilungsleiter zu Ihnen sagt: "Diesen Workshop mit meinem Team nächste Woche: Müssen da wirklich alle Leute hin? Wir haben grad so viel zu tun und einige Leute wollen gar nicht in den Workshop gehen."
Das wird bei Ihnen Emotionen auslösen, oder?
Oder wenn eine Mitarbeiterin zu Ihnen, nachdem Sie bei der Geschäftsführung 6 Monate um mehr Budget für bessere Handschuhe gekämpft haben, sagt: "Wer hat denn diese dämlichen neuen Handschuhe bestellt? Mit denen kann man überhaupt nicht gut kleine Schrauben greifen. Das war jemand, der keine Ahnung von unserem Job hat."
Das macht etwas mit Ihnen, oder? Da müssen Sie möglicherweise freundlicher bleiben, als Sie es privat tun würden ...
Im "Audit zum Erfolg" (Selbsteinschätzungsfragebogen zur eigenen Präventionsarbeit), das ich einmal erstellt habe, gibt's z.B. die Frage, wie gelassen man reagiert auf Personen, die nicht mitmachen oder Maßnahmen nicht umsetzen wollen. Wie würden Sie das für sich beantworten auf einer 5-stufigen Skala?
Der Durchschnitt der Antworten: Etwas über der Mitte, also ein bisschen Richtung gut. Aber ganz wenige Leute können IMMER gelassen bleiben bei so etwas.
Weil: Das macht etwas mit uns. Und das ist für uns als Präventionsexpert:in unsere psychische Arbeitsbedingung. Und wenn diese Emotionsarbeit besonders stark wird, also wenn diese Differenz zwischen dem, was ich fühle und dem, was ich nach außen zeige, besonders groß/zu groß wird, dann kann das krank machen. Das gibt es z.B. häufig im Gesundheitswesen.
Wenn Sie übrigens dieses angesprochene Audit selbst machen wollen, um zu sehen, wo Ihre Kompetenzen liegen in der Präventionsberatung, dann ist HIER DER LINK ZUM AUDIT.
Einfluss-Variante 2:
Meine Emotionen bezüglich einem bestimmten Thema
Wenn ich ein Thema selbst als unspannend, lästig, nervig, stressig empfinde, werde ich das irgendwie zeigen.
Wenn Sie beispielsweise mal Schutzausrüstung als lästig bezeichnen, weil es Ihnen rausrutscht, dann macht das etwas mit Ihrem Gegenüber.
Oder wenn Sie gerade sehr müde in einer ASA-Sitzung sind, wenn Sie gerade selbst nicht vortragen, dann müssen Sie vielleicht gähnen. Und das kann man fast nicht unterdrücken. Und auch das wird etwas mit dem Gegenüber machen, wenn es jemand mitbekommt.
Oder auch: Wie sind Ihre grundlegenden Emotionen zur Prävention? Wenn Sie Beschäftigte insgeheim als Kinder ansehen, die man zu Arbeitssicherheit erziehen muss, dann werden diese das bemerken, wie Sie mit ihnen umgehen.
Oder haben Sie das Gefühl, dass Prävention nur gemacht wird, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben ist?
Oder sehen Sie sich als Expert:in, die gut gebucht ist und wo Firmen dankbar sein sollten, wenn sie einen Termin bekommen?
Je nach der Einstellung werden Sie wohl in Erstgespräche ganz anders reingehen.
Einfluss-Variante 3:
Sie wollen wahrscheinlich auch bewusst die Emotionen von Ihrem Gegenüber beeinflussen. Unsere Psyche ist ja auch unser Arbeitsmittel. Und wir prägen mit unserer Psyche die Psyche von anderen, die Emotionen von anderen. Egal, ob bewusst oder unbewusst.
Wenn Sie einen Vortrag halten und den super emotional, interaktiv und spannend bringen, dann färbt das ab auf die Zuhörenden. Und das wollen Sie ja auch bewusst machen.
Beispiel vom Online-Kongress "Pioniere der Prävention 2023":
Beim Vortrag von Dr. Anne Katrin Matyssek über Fehlzeiten-Management gab es das Feedback: "So ein grenzgenialer Vortrag mit so viel Intention von Zuwendung und so viel "Man muss Menschen einfach mögen". Das war einfach spürbar. :-)"
Unsere Emotionen arbeiten auf ganz unterschiedliche Art und Weise mit unserem Gegenüber. Wir werden beeinflusst von unserem Gegenüber, müssen Emotionsarbeit leisten. Und andererseits ist unsere Emotion auch ein Werkzeugt, um beim Gegenüber auch entsprechende Gefühle auszulösen.
Was mir wichtig ist:
Impathie: Auf sich selbst achten. Es geht darum, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und anzunehmen und versucht zu verstehen. Und das ist eine Kompetenz, die ich für wichtig halte, für unsere Präventionsarbeit. Gute Präventionsexpert:innen sind impathisch mit sich selbst. Sie wissen über ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse bescheid, verstehen diese auch und können dadurch auch leichter damit umgehen.
Ich erzähle das mehr im Detail im kommenden Kurs "Bedürfnisorientierte Prävention".
- Da gibt's das Modul 2 zum Thema "Empathisch Zuhören". In diesem Modul üben Sie unterschiedliche Formen des Zuhörens und können dann Bedürfnisse in Gesprächen und an Verhaltensweisen erkennen. Sie lernen auch in schwierigen Situationen empathisch zuzuhören und so eine gelingende Gesprächsatmosphäre zu erzeugen.
- Im Modul 4 geht es um "Eigenen Bedürfnissen impathisch begegnen": Nehmen Sie Ihre eigenen Motive als Teil des Beratungsprozesses wahr. Ordnen Sie diese in Rollenmodelle ein und begegnen Sie sich selbst impathisch im Arbeitsalltag.
Alle Infos zum Lehrgang unter: pionierederpraevention.com/bop
Fazit:
Wir sollten auch unsere eigenen Emotionen gut wahrnehmen, damit wir sehen, wie wir uns gegebenenfalls verstellen (müssen/wollen) in der Beratungsarbeit.
Weitere Empfehlung:
Podcast-Episode 83: "So wirkt Ihre Einstellung auf KundInnen"
Veronika Jakl
Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".
Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren.
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.
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