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Warum Hierarchie so wichtig ist bei Maßnahmenplanung

Wie ich gelernt habe, dass Nachbesprechungen IMMER zuerst mit der direkten Führungskraft stattfinden müssen und nicht gleich mit einer Ebene bzw. mehreren Ebenen darüber ...

Stellen Sie sich vor:

Sind mit Ihrem Partner bei den Schwiegereltern eingeladen. Alle sitzen gemeinsam am Tisch zum Mittagessen. Es gibt Spaghetti mit Tomatensauce und Muscheln. Und Ihnen fällt beim Essen eine Muschel in den Teller zurück. Ihr schönes Shirt bekommt Tomatenflecken ab. Und Ihr Partner sagt scharf: "Pass doch auf! Du isst wie ein kleines Kind!"

Was denken Sie? Ganz ehrlich? Ärgern Sie sich über die Aussage, Ihren Partner oder über Ihr eigenes Verhalten?

Wollen Sie von Ihrem Partner gemaßregelt werden vor Ihren Schwiegereltern? Wahrscheinlich nicht. Sie ärgern sich wahrscheinlich über ihn mehr als über sich selbst und Sie würden ihn abwerten. Sie würden nicht neutral reflektieren, warum Ihnen die Muschel aus der Hand gerutscht ist und wie Sie das in Zukunft vermeiden könnten.

Das ist vollkommen normal und ich erkläre Ihnen, warum das so ist!

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Beispiel:

Ich habe eine Evaluierung psychischer Belastungen in einem Produktionsbetrieb gemacht und habe dann einen Workshop mit Beschäftigen aus der Produktion gehabt. Da kam ganz viel Kritik von den MitarbeiterInnen an der Produktionsleiterin.

Zitate waren:

  • "Die schiebt immer die Verantwortung von sich."
  • "Die ist nur von ihren eigenen Ideen überzeugt."
  • "Schuldige zu suchen ist für sie wichtiger als Lösungen für die Zukunft zu erarbeiten."
  • "Die hört nicht auf die erfahrenen MitarbeiterInnen."
  • "Die agiert nicht nachvollziehbar."

Ich habe mir dazu jeweils Beispiele erzählen lassen aus dem Arbeitsalltag und hatte den Eindruck, dass das ganz nachvollziehbare Eindrücke sind von den Beschäftigten. Also, dass es sich um deren arbeitsbedingte psychische Belastungen handelt.

Die Nachbesprechung war dann ausgemacht mit dem Geschäftsführer und der Produktionsleiterin gemeinsam. Dazu muss ich sagen, dass das vor vielen Jahren war und der Geschäftsführer damals unbedingt bei jeder Nachbesprechung dabei sein wollte und ich das leider damals zugelassen habe. Das hätte auch schief gehen können ...

Dort, bei dieser Nachbesprechung, habe ich dann also die Ergebnisse vom Workshop berichtet und auch, was die MitarbeiterInnen über die Produktionsleiterin gesagt haben.

Der Geschäftsführer hat sich das angehört und mich danach unter 4 Augen gefragt, ob er die Führungskraft kündigen soll. Da war ich zuerst richtig perplex! Aber mir war gleich klar: Auf so etwas antworte ich nicht! Da kann man sich nur in die Nesseln setzen. Da kann man nur eine falsche Antwort geben!

Und es war gut so:
Denn jetzt - 8 Jahre später - ist die Produktionsleiterin immer noch dort im Betrieb. Sie hat sich stark gebessert in ihren Führungsqualitäten und sie hat ein großes Interesse an Arbeitspsychologie und Führung entwickelt!

Das hätte aber auch ganz anders ausgehen können! Denn es gibt auch Führungskräfte, die dann die Schuld bei mir, der externen Arbeitspsychologin, suchen und dann etwas sagen, wie z.B. "Ihre Methodik ist schlecht! Sie haben sicher ganz tendenziös Ihre Fragen gestellt! Das glaube ich alles nicht, zu mir sind die MitarbeiterInnen immer nett und sagen, dass eh alles passt."

Wenn die Führungskraft mit der eigenen Geschäftsführung / dem eigenem Boss dasitzt, dann wird sie sich wahrscheinlich selbst verteidigen und rechtfertigen. Man kann ja schlecht sagen: "Sie haben Recht. Ich bin keine gute Führungskraft."

Denn in der Regel erlebt sich diese Person selbst ja als kompetent und großartig. Und wenn ich jetzt daher komme und etwas anderes behaupte, dann erzeugt das Spannung. Das ist die sogenannte kognitive Dissonanz. Das sind also 2 Meinungen, die miteinander nicht vereinbar sind (z.B. Ich bin eine gute Führungskraft vs. ich bin eine schlechte Führungskraft).

Hier kommt dann also die Theorie der kognitiven Dissonanz von Festinger ins Spiel, die sagt, dass man versucht, diese Spannung abzubauen, indem man umdeutet.
Man könnte zum Beispiel sagen:
  • Der Sender der Botschaft ist schlecht und daher kann ich die Nachricht ignorieren.
  • Die Nachricht stimmt nicht.
  • Der Empfänger sagt plötzlich etwas wie, dass seine/ihre bisherigen Annahmen nicht stimmen. Das kann man aber in der Regel schlecht zugeben, wenn man vor einer Person (Geschäftsführung) sitzt, der man "gefallen will". Diese Möglichkeit wird also eher nicht passieren, weil hier auch die soziale Dynamik eine Rolle spielt.

Bei dieser Nachbesprechung habe ich gelernt, dass Nachbesprechungen IMMER zuerst mit der direkten Führungskraft stattfinden müssen und nicht gleich mit einer Ebene bzw. mehreren Ebenen darüber. Wenn es ein kritisches Thema ist, dann kann es sogar wichtig sein, dass das erst einmal unter 4 Augen passiert, also die Führungskraft, der ich negatives Feedback rückmelden möchte und ich. So hat man nämlich die Chance auf eine ehrliche Reflexion und kann auch Vertrauen aufbauen mit der Führungskraft.

Beobachtungsaufgabe der Woche:

Wo erleben Sie denn selbst kognitive Dissonanz (also zwei Dinge, die unvereinbar sind)? Und wie gehen Sie dann damit um?

 

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Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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