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Tageszeitung "Der Standard": Aus der Not für die Zukunft lernen

Wird die Corona-Pandemie unsere Arbeitswelt nachhaltig verändern? Was wird in 5 bis 10 Jahren noch von dieser Phase übrig sein? Das hat die Tageszeitung "Der Standard" Veronika Jakl gefragt.

Zitate:

"Das, was wir gerade erleben, ist natürlich eine Extremsituation, in die wir unerwartet hineingestoßen wurden", sagt die Arbeitspsychologin Veronika Jakl. Viele, die jetzt im Homeoffice arbeiten, müssen auch nebenbei Kinder betreuen und haben vielleicht zu Hause nicht die richtige technische Ausstattung.

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Viel schwieriger ist es, neue Bedingungen für al jene Situationen zu schaffen, die im Büro ganz nebenbei stattfinden können, aber wichtig sind. "Das Soziale wird man bewusst initiieren müssen", so die Arbeitspsychologin Jakl. Gemeinsames Kaffeetrinken oder Mittagessen diene nicht nur der Kontaktpflege zwischen Mitarbeitern, sondern schaffe wichtige informelle Kanäle. Chats oder andere Plattformen könnten die Kaffeeküche aber ersetzen.

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Homeoffice ist für viele momentan der neue, alternativlose Alltag. "Bisher war es eher so, dass die Arbeitnehmer betteln mussten, um im Homeoffice arbeiten zu dürfen", sagt Jakl. Doch jetzt lernen zumindest manche Arbeitgeber die Vorteile dieses Arbeitsmodells kennen. Das könnte dazu führen, das in Zukunft von vornherein nur noch Arbeitsplätze für 60 Prozent der Beschäftigten geplant werden, prognostiziert die Arbeitspsychologin.

"Trotz ungünstiger Rahmenbedingungen können viele nach einigen Wochen schon sagen, ob diese Art zu arbeiten etwas für sie ist oder nicht", sagt Jakl.

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Homeoffice sollte auf jeden Fall auf freiwilliger Basis bleiben, findest die Arbeitspsychologin Jakl. Optimal wäre es, wenn man den Arbeitnehmern die freie Wahl lässt, wann und wo sie arbeiten. Dafür müssen Führungskräfte "Führug auf Distanz" lernen, sagt Jakl. In Zukunft werden die Unternehmen andere Zielvorgaben festlegen und mehr Vertrauen in ihre Mitarbeiter haben müssen - die reine Anwesenheit von Mitarbeitern wird als Parameter für geleistete Arbeit nicht mehr so viel zählen.

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Natürlich wird sich auch das Privatleben dadurch ändern. Wir werden zunächst unsere Wohnformen anpassen müssen. Separate Arbeitszimmer sind ein Muss, wenn die Arbeit ins Haus oder in die Wohnung einzieht. Das wirft natürlich auch die Kostenfrage und die Frage nach einem neuen Arbeitsrecht auf. "Wenn der Arbeitgeber Homeoffice will, muss er anders als bisher auch für die gute Ergonomie sorgen", sagt Jakl.

Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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