karriere.at: Woran Office-Kommunikation scheitert
Wenn es im Job einmal Brösel gibt, ein Projekt schief läuft oder die Zusammenarbeit generell zum nervenaufreibenden Desaster wird, ist meist eine schuld: die Office-Kommunikation. Woran diese scheitert, hat karriere.at in einer aktuellen Online-Umfrage erhoben.
Veronika Jakl gibt arbeitspsychologische Tipps und erklärt ein wenig die Hintergründe zu guter oder auch verbesserungswürdiger Büro-Kommunikation.
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Wenn es im Job einmal Brösel gibt, ein Projekt schief läuft oder die Zusammenarbeit generell zum nervenaufreibenden Desaster wird, ist meist eine schuld: die Office-Kommunikation. Woran diese scheitert, hat karriere.at in einer aktuellen Online-Umfrage erhoben. Arbeitspsychologin Veronika Jakl gibt im Interview zehn Tipps für besseres Verständnis, Wirtschaftscoach Gabriela Michelitsch-Riedl erklärt unter anderem, was Stress und Termindruck anrichten können.
“Wie sprechen Menschen mit Menschen?”
Der deutsche Schriftsteller und Journalist Kurt Tucholsky sagte einst: “Wie sprechen Menschen mit Menschen? Aneinander vorbei.” Widersprechen kann man dieser Aussage oft nicht, gerade im Arbeitsumfeld kann schlechter Informationsfluss zudem zu großer Frustration führen. Woran die Office-Kommunikation zumeist scheitert, wollte karriere.at von seinen Usern wissen – die Ergebnisse des Online-Votings sprechen eine klare Sprache: Mehr als die Hälfte (51 Prozent) der 547 Arbeitnehmer sieht die herrschende Kommunikationskultur als hauptverantwortlich für Missverständnisse, Fehlinformationen, Stress mit Kollegen & Co.
Wo Infos verloren gehen
Dass zu viele Informationen in Umlauf sind, meinen 24 Prozent der Befragten, 19 weitere Prozent glauben, dass Infos oft zwischen den Hierarchieebenen verloren gehen. Nur sechs Prozent sehen in den baulichen Rahmenbedingungen den Ursprung für schlechte Office-Kommunikation. Die Einigkeit der Befragten stimmt nachdenklich – auch, weil bauliche Veränderungen oft sogar noch einfacher sind, als das Verändern von jahrelang bestehenden Kulturen bzw. Gewohnheiten. Arbeitspsychologin Veronika Jakl erklärt den Mangel in der Kommunikationskultur an drei wesentlichen Punkten: mehr Individualität, fehlender Transparenz sowie der rascher werdenden Alltagskommunikation.
Die drei Hauptschuldigen
“Es gibt im Moment einen Zeitgeist der Individualität. Dadurch wird die Eigenverantwortung jeder einzelnen Person immer stärker, aber es gibt auch weniger Gemeinschaftsdenken in Abteilungen. Es wird den Kollegen weniger geholfen, wenn es nicht unbedingt notwendig ist und jeder denkt an seine eigenen Projekte. Dadurch gibt es auch weniger Kommunikation abseits von konkreter Zusammenarbeit und viele Mitarbeiter beklagen sich, dass dadurch der Zusammenhalt sinkt. Von Seiten der Führungskräfte wird immer noch zu wenig transparent über Ziele, Veränderungen und langfristige Pläne gesprochen, obwohl die Mitarbeiter in Zeiten von Social Media gewohnt sind, sofort über Neuigkeiten informiert zu werden. Und das erzeugt natürlich Unmut”, so Jakl.
Gratwanderung zwischen sinnvoll und Meeting-Marathon
Die Herausforderung sei, so Jakl, die Gratwanderung zwischen zu wenig und zu viel Informationsaustausch zu meistern. “Ich habe die Personalabteilung einer Versicherung begleitet und dort war es üblich, dass im wöchentlichen Jour-fixe nur noch notwendige Schnittstellen untereinander besprochen wurden. Dadurch kommt es aber bei Krankenständen dazu, dass man Kollegen nicht gut vertreten kann, weil man zu vieles nicht weiß.” Ein sinnvoller Rahmen an Meetings und Austausch ist daher nötig, ein unproduktiver Meeting-Marathon sollte jedoch unbedingt vermieden werden. Und das ist – Hand aufs Herz – gar nicht so leicht.
“Vorbild sein und Dinge aktiv ansprechen”
Wie in Unternehmen miteinander umgegangen wird, hängt freilich von unzähligen Faktoren ab. Einige davon sind: Wie hierarchisch ist das Unternehmen? Wie kommuniziert die Geschäftsleitung mit den Mitarbeitern? Wie werden Veränderungen wahrgenommen? “Vieles spielt hier eine Rolle und so eine Kultur zu verändern, kann ein einzelner Mitarbeiter nicht alleine leisten. Daher: Selbst Vorbild sein und Dinge aktiv ansprechen”, so Jakl.
Zehn Tipps für bessere Kommunikation im Office
Die fünf Gos für bessere Kommunikation:
- Sich regelmäßig austauschen
- Andere einbinden und Mitarbeiter auch mitentscheiden lassen
- Klare Arbeitsaufträge und Zuständigkeiten
- Nachfragen, ob verstanden wurde, was gemeint war
- Regelmäßige Anerkennung zeigen
Die fünf No Go’s im Büro:
- Sinnlos lange und unstukturierte Meetings
- Mangelnde Absprachen
- Keine Rückmeldungen
- Respektloses Kritisieren
- Widersprüchliche Aufträge vom Chef
- Ständig wechselne Prioritäten
Termindruck, Konkurrenz und Missverständnisse
Da man sich Kollegen und Chefs meist nicht wirklich aussuchen kann, sollte jeder im Team auf eine wertschätzende Basis achten – auch dann, wenn es mal richtig stressig wird. Gabriele Michelitsch-Riedl, Wirtschaftscoach und Unternehmensberaterin, meint dazu: “Wir wissen alle nur zu gut, wie schwierig es selbst bei größtem Wohlwollen ist, eine gelungene Kommunikation zwischen zwei oder mehr Menschen herzustellen. Kommen Termindruck, Konkurrenz, Missverständnisse, tiefer sitzende Konflikte etc. dazu, kommen so manche kommunikative Grundkompetenzen abhanden. Und klar ist: Unfreundliche oder unprofessionelle Handlungen im Bereich der Kommunikation erfordern im besten Fall Aufmerksamkeit und provozieren im schlimmsten Fall entsprechende Gegenreaktionen.”
“Missbrauch der CC-Funktion in Mails”
Neben den vielen kleinen Dingen, die Einfluss auf die Office-Kommunikation haben, sind es auch “große” Strukturen wie der kulturelle Hintergrund oder die organisatorischen Rahmenbedingungen, die Einfluss auf das Miteinander haben. Auch die räumlichen Arbeitsbedingungen dürfen nicht unterschätzt werden, betont Jakl: “Die Architekturpsychologie beschäftigt sich mit dem Einfluss von so genannten Verkehrswegen zwischen den Arbeitsplätzen, der Ausstattung und ähnlichen Dingen. Hier ist es nötig zu unterscheiden: Großraum- oder Einzelbüro, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice bzw. Telearbeit, reale Meetings vs. Telefon- oder Videokonferenzen, um nur einige Beispiele zu nennen.” Unbedingt beachten sollte man in diesem Zusammenhang das Thema der internen E-Mails: “Häufig werden Mails die die Funktion der CC-Funktion missbraucht, um immer nachweisen zu können, wen man worüber informiert hat. Dies macht viel Arbeit jedoch nicht wirklich produktiver”, so die Arbeitspsychologin.
Die Zukunft der Office-Kommunikation
Wie also sieht die Kommunikation der Zukunft aus? Michelitsch-Riedl: “Es wird sicherlich nicht weniger als früher kommuniziert. Klarerweise ist aber die technisch gestützte Kommunikation massiv zur Face-to-Face-Kommunikation dazugekommen, die grundsätzlich sehr zu begrüßen ist. Obwohl wir aber mittlerweile wissen, dass E-Mail-, Telefon-, Tele- und Social Media-Kommunikation eigene Kompetenzen und Spielregeln erfordern, haben sie längst nicht alle Unternehmen reflektiert und für sich eingeführt.” Für Michelitsch-Riedl ist es vor allem die Zeit, die fehlt. “Es ist wichtig, Themen in Ruhe und gesichtswahrend miteinander besprechen zu können. Es gibt heute jede Menge Meetings sowie informelle und formelle Gespräche, die zu wenig Zeit und Raum lassen, um Sachliches und Emotionales angemessen zu würdigen und berücksichtigen.”
Was tun, wenn die Kommunikation im Team nicht funktioniert?
Was aber kann ein einzelner Arbeitnehmer tun, wenn es im Team nicht funktioniert? “In einem ersten Schritt empfehle ich, möglichst viele Beobachtungen zu sammeln. Dann kann man gemeinsam mit einer unbeteiligten, dritten Person oder auch in Selbstreflexion hinterfragen, welches Kommunikationsmuster sich erkennen lässt. Etwa wer mit wem, wie, wann und wo kommuniziert. Weiters kann es sinnvoll sein, Hypothesen darüber aufzustellen, wem diese Art der nicht funktionierenden Kommunikation am meisten nützt und wem sie schadet. Erst dann würde ich mir nächste Schritte überlegen, was ich ihm Rahmen meiner Möglichkeiten künftig selbst anders gestalten kann bzw. worauf oder auf wen ich realistischerweise persönlichen Einfluss habe”, so Michelitsch-Riedl.
Zu den Personen: Veronika Jakl und Gabriela Michelitsch-Ried
Psychologin Veronika Jakl ist zertifizierte Arbeits- und Organisations- und Personalpsychologin, sie bietet unter anderem als AUVA-Seminarleiterin in der Erwachsenenbildung Kurse und Seminare an. Jakl ist zudem Geschäftsführerin der eval IT GmbH und hat mehrjährige Erfahrungen im Eventmanagement.
Gabriela Michelitsch-Riedl beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit Personalmanagement- und Führungsthemen. Für zehn Jahre war die Wirtschaftsuniversität Wien ihre berufliche Heimat. Seither bringt sie ihr Wissen als Personalberaterin und Karrierecoach in vielen unterschiedlichen Unternehmen ein. Michelitsch-Riedl ist an mehreren Universitäten, Fachhochschulen und Weiterbildungsakademien als Lektorin tätig.
Quelle: http://www.karriere.at/blog/office-kommunikation.html
Veronika Jakl
Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".
Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren.
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.