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A&W-Blog: Motivation von ArbeitnehmerInnen: Bitte nicht zerstören!

A&W-Blog: Motivation von ArbeitnehmerInnen: Bitte nicht zerstören! A&W-Blog, 2019

Motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen ist Führungsaufgabe. Handlungsspielraum, Feedback und Sinnhaftigkeit sind keine „freiwillige Nettigkeit“, sondern bilden die Basis von Engagement und Produktivität. Wahre Führungsstärke zeigt sich in Wertschätzung und gelebter Verantwortung.

Ein Artikel von Veronika Jakl. Erschienen im A&W-Blog.

 

Jeder von uns verbringt sehr viel Zeit in der Arbeit. Daher haben wir auch ein Anrecht darauf, dass diese Zeit sinnvoll und angenehm gestaltet ist. Wenn das nicht der Fall ist, sind Beschäftigte bald demotiviert und kündigen innerlich.

Führungskräfte und ihr Kommunikationsstil haben einen großen Einfluss auf die Beschäftigten, deren Arbeitsleistung und auch Wohlbefinden. Im Idealfall motivieren Vorgesetzte, inspirieren und meistern mit ihrem Team alle Herausforderungen. Aber der häufigste Kündigungsgrund von Beschäftigten liegt in der fehlenden Wertschätzung durch Vorgesetzte! 45 Prozent der Befragten gaben dies als Ursache für den Arbeitgeberwechsel an (CompensationPartner GmbH, 2019).

Es wird geschätzt, dass 50 bis 60 Prozent der krankheitsbedingten Arbeitsausfälle in irgendeiner Form auf Stress in der Arbeit zurückzuführen sind. Auch weitere direkte und indirekte Kosten sind auf Arbeitsstress zurückzuführen: Die Produktivität sinkt. Engagierte ArbeitnehmerInnen kündigen und suchen sich einen neuen Job. Im schlimmsten Fall werden Menschen arbeitsunfähig oder gehen früher in Pension.

Es gibt natürlich Unterschiede, wie Arbeitsbedingungen empfunden werden. Aber bestimmte Stressfaktoren sind für alle Menschen schädlich. Hier sind drei Führungsfehler, die die Motivation von Beschäftigten senken.

Kein Handlungsspielraum

Viele Führungskräfte glauben, dass sie in ihrer Rolle alles vorgeben müssen und dadurch „Führungsstärke“ beweisen. Aber es ist in Wahrheit demotivierend, alles vorgegeben zu bekommen von Vorgesetzten, die keine Verbesserungsvorschläge vom Team hören wollen und jede kleine Entscheidung allein treffen.

Aussage einer Arbeitnehmerin in einem Workshop: „Ich verstehe nicht, warum wir wie kleine Kinder behandelt werden. Wenn es um die neue Sitzordnung geht, dann läuft es ab wie in der Schule, wo die LehrerInnen bestimmt haben, wo die SchülerInnen sitzen dürfen. Auch unsere Verbesserungsvorschläge ignoriert die Chefin, weshalb wir gar keine mehr machen.“ Das ist dann ein Teufelskreis.

Dinge selbst entscheiden zu können ist ein wichtiger Faktor von persönlichkeitsförderlicher Arbeit und essenziell für die Motivation. Fehlender Handlungsspielraum kann hingegen bestehende Muskel-Skelett-Beschwerden (wie Rückenschmerzen, Knieschmerzen oder Verspannungen im Nacken) verstärken und die Kündigungsabsicht von Beschäftigten steigern (Paridon, 2016).

In einer Arbeitswelt, in der Wissen und Erfahrung eine große Rolle spielen, sind größere Handlungsspielräume möglich als in starren Produktionsprozessen. Wichtig ist hierbei jedoch, auch die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Kein Feedback zur eigenen Arbeit

ArbeitnehmerInnen brauchen Wissen über die erzielten Resultate der Organisation und vor allem über die Qualität der eigenen Arbeit: Was mache ich gut? Was soll ich verbessern oder anders machen?

Nach dem Job-Characteristics-Modell aus den 1980ern muss Rückmeldung zumindest in geringem Maß vorhanden sein, damit überhaupt Motivation entstehen kann. Wenn ArbeitnehmerInnen überhaupt kein Feedback bekommen, dann sind sie auch nicht motiviert, Arbeiten gut zu erledigen.

Motivationspotenzial

Leider gilt in vielen Firmen eher der Grundsatz: „Nicht geschimpft, ist gelobt genug.“ Man spricht nur über Fehler und Mängel – nicht aber über Verbesserungsmöglichkeiten. Und positive Rückmeldung gibt es sowieso nur bei der Weihnachtsfeier.

Die neueste Studie von Vandenberghe zeigt auch, dass man an der Häufigkeit, wie oft jemand nach Feedback fragt, erkennen kann, ob diese Person bald kündigen wird (Vandenberghe, et al., 2019). Wenn im ersten Jahr das Ersuchen der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers um Feedback stark abnimmt, dann zeigt das eine schlechtere Beziehung zwischen der Führungskraft und der Person, es führt zu weniger Engagement und zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, dass das Teammitglied im nächsten Jahr kündigen wird. Deshalb ist es so wichtig zu erkennen, wenn neue Beschäftigte deutlich weniger nach Feedback fragen, und darauf zu achten, dass der Wunsch nach Feedback nicht ständig abgelehnt wird.

Keine sinnvolle Arbeit

Wissen Sie, welche Bedeutung Ihre eigene Arbeit für andere Menschen hat? Wer ist von der hohen Qualität Ihrer Arbeit abhängig?

Um motiviert zu sein, ist es wichtig zu verstehen, warum man etwas tut oder tun soll.

Viele Führungskräfte glauben, dass es ausreicht, jemanden für eine Tätigkeit zu bezahlen, damit Motivation aufkommt. Viel zu selten wird darüber gesprochen, welche Hintergründe die Aufgabe hat oder wem die Ergebnisse des Jobs zugutekommen.

Nicht selten kommt es vor, dass ArbeitnehmerInnen nicht erklären können, warum sie eine bestimmte Aufgabe erledigen. Wer arbeitet mit den Statistiken weiter, die Sie regelmäßig erstellen? War der letzte Projektbericht sinnvoll oder wurde er ungelesen abgespeichert? Machen die einzuhaltenden Vorschriften tatsächlich Sinn oder erfüllen Sie damit nur irgendwelche Aufträge der Geschäftsführung?

Für viele Menschen ist es die Krönung, wenn sie sehen, welchen positiven Einfluss ihre Arbeit auf ihre Mitmenschen hat. Gerade im Dienstleistungssektor, im Gesundheitswesen oder im Bildungssektor zeigt sich den Beschäftigten schnell, dass ihre Tätigkeit für das Gegenüber in diesem Moment sehr wichtig ist.

Auch kann das Gefühl der Sinnhaftigkeit dadurch erzeugt werden, dass ArbeitnehmerInnen sehen, welchen Beitrag sie zur Erreichung des Unternehmensziels haben oder welchen Nutzen sie der Gesellschaft bringen.

Mut zur Veränderung

Der teuerste Satz jeder Führungskraft lautet: „Das haben wir schon immer so gemacht!“ Er kostet Energie, Motivation und Erfolg.

Als Führungskraft gibt es jedoch viele Gründe dafür, bei Stress und Demotivation nicht aktiv einzugreifen: keine Zeit neben der operativen Arbeit, eigener Leidensdruck, keine Energie, sich mit den Konflikten auseinanderzusetzen, oder das Gefühl, dass dieser Stress zum Arbeiten mit dazugehört und Beschäftigte schließlich dafür bezahlt werden, damit umzugehen.

Aber Führungskräfte tragen Verantwortung, mit der sie bewusst umgehen sollten. Jede Führungskraft hat genug Handlungsspielraum, um Arbeitsbedingungen motivierender zu gestalten. Denn worauf es ankommt, ist die Kommunikation miteinander.


A&W-Blog: Link zum Originalartikel

Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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