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Wie Ihr Büro die Firmenkultur verändert

Großraumbüros, Glaswände oder Vorstandsetagen. Bürogebäude und ihre Einrichtung werden oft von Architekten gestaltet. Aber ihre psychologische Wirkung auf die Firmenkultur wird viel zu oft unterschätzt oder falsch eingeschätzt! Welche Konsequenzen hat Ihre Büroaufteilung auf die Kommunikation im Team?

Schauen Sie sich in Ihrem Büro um. Was hilft Ihnen sich zu konzentrieren? Welche Raumaufteilung fördert das Miteinander und die Zusammenarbeit? In welcher Ecke des Gebäudes halten Sie sich nicht gerne auf?

 

Einflüsse nicht unterschätzen

Bürogebäude beeinflussen uns psychologisch sehr stark. Unsere Konzentration, der Austausch untereinander, die Führungskultur werden durch Ausstattung, Grundrisse und Architektur gefördert oder gehemmt.

Deshalb ist es besonders wichtig, dass wir uns dieser Wirkung bewusst werden um eventuell Gegenmaßnahmen einzuleiten. Sie müssen deshalb nicht im Büro umbauen oder umziehen. Aber wenn man weiß, welche Auswirkungen bestimmte Konstellationen haben, dann kann man dies als Führungskraft aktiv nutzen. Mittlerweile gibt es sogar eine eigene wissenschaftliche Richtung, die sich mit dieser Wirkung beschäftigt: die Wohn- und Architekturpsychologie.

 

Kleine private Geschichte

Als ich selbst mein Einfamilienhaus geplant habe, wollte ich keinen Fehler machen. Alles war eigentlich neu. Man baut ja schließlich nur einmal, oder nicht? Und gerade bei einer so wichtigen, und teuren Angelegenheit, will man sich nicht in 20 Jahren darüber ärgern, dass das Haus „verplant ist“.

Deshalb haben mein Mann und ich, nachdem wir uns auf einen Grundriss verständigt haben, uns einen Wohnpsychologen geleistet. Er hat uns viele Fragen gestellt rund um unsere Wohnbedürfnisse, die aktuelle und die geplante Familiensituation und auch zur Gegend in der das Haus stehen wird. Wir haben unseren „Lieblingsplatz“ mit einer Gedanken-Reise geplant und viele Wohnszenarien in den kommenden Jahrzehnten durchgespielt.

Am Ende gab es klare Empfehlungen des Wohnpsychologen und für uns viele neue Erkenntnisse, auf die wir selbst nicht gekommen wären. Und wir konnten dadurch unseren Grundriss und die geplante Einrichtung noch mehr auf unsere Bedürfnisse abstimmen!

Aber welche Informationen kann man von der Planung eines Wohnhauses umlegen auf die Analyse eines Büros?

 

Bedürfnisse berücksichtigen

Essentiell ist es die Grundbedürfnisse von Menschen bei Räumen zu kennen. Wir halten uns so viele Stunden dort auf, da wollen wir uns auch wohlfühlen! Aber wie gelingt das?

1) Der Wunsch nach Aktivierung: Menschen wollen durch die Umwelt stimuliert werden. Ganz allein in einem grauen, fensterlosen Raum zu arbeiten wäre genau das Gegenteil. Jedoch darf dies auch nicht dazu führen, dass deshalb immer mehr Personen in einen Raum gesetzt werden. Denn das Unwohlsein steigt mit zunehmender Personenanzahl. Bei einer Steigerung von zwei auf drei Personen in einem Raum beispielsweise wird das negative Gefühl mehr als verdoppelt (Kelz, 2018)!

2) Das Bedürfnis, die eigene Umwelt kontrollieren zu können: Persönliche Bilder, Dekorationen oder ähnliche Maßnahmen sind auf den meisten Schreibtischen üblich, um das eigene „Territorium“ zu markieren und den Arbeitsbereich zu personalisieren. Das wird nur beim modernen Desk-Sharing problematisch, wenn man täglich den Schreibtisch wechselt und nur seinen Rollcontainer mitnimmt. Auch andere Anpassungen werden häufig vorgenommen, um sich den Raum so herzurichten, wie man es selbst für angenehm empfindet. Dazu zählt auch eine Veränderung des Lichts (z. B. individuelle Schreibtischlampe) oder der Temperatur (z. B. Steuerung des Heizkörpers).

 


Mehr zur psychologischen Wirkung von Bürokonzepten finden Sie im Buch „Aktiv führen: So schaffen Sie motivierende Arbeitsbedingungen“.


 

Auch der Wunsch nach Rückzug und Privatsphäre darf nicht unterschätzt werden. Schon hohe Pinnwände zwischen den Schreibtischen können ein Gefühl der Abgrenzung bieten. Fehlende Privatsphäre hat auch ganz praktische Auswirkungen: Wenn vertrauliche Firmenunterlagen ständig vor der Einsicht anderer MitarbeiterInnen geschützt werden müssen oder man keine Möglichkeit hat, in seiner Pause einen Arzttermin zu vereinbaren, ohne dass andere Menschen mithören, ist dies auf Dauer unangenehm. Zusätzlich zeigt die Forschung (Scheibenbogen, Andorfer, Kuderer, & Musalek, 2017), dass fehlende Privatsphäre am Arbeitsplatz in Zusammenhang mit Depressionen und geringerer Belastbarkeit steht! Wenn MitarbeiterInnen also keine Möglichkeit haben, sich in der Arbeit zurückzuziehen, kann das zu vermehrtem Auftreten von Burnout führen. Und das sollte ernst genommen werden!

 

Und was ist mit mir als Führungskraft?

Auch Führungskräfte brauchen Privatsphäre und Rückzugsräume, um gut arbeiten zu können.

Nach dem Umzug von klassischen Einzelbüros in ein Großraumbüro erzählte mir ein Vertreter der mittleren Führungsebene, dass er nun nicht mehr umgehend Feedback geben kann, weil es keine Rückzugsmöglichkeiten für vertrauliche Gespräche mehr gibt. Früher konnte den MitarbeiterInnen unter anderem schnell, direkt und unter vier Augen Kritik in entsprechendem Rahmen dargelegt werden. Durch das Großraumbüro mit gläsernen Besprechungsräumen in der Gebäudemitte, die in der Regel schon lange vorher gebucht sind, fällt diese Art der unmittelbaren und diskreten Kommunikation weg.

Das hat langfristige, in erster Linie negative Auswirkungen auf die Kommunikationskultur!

Kommunikationsstrukturen können also allein durch die Anordnung der Räumlichkeiten und Zonen unterstützt oder gehemmt werden. Regelmäßiger Kontakt erhöht das Vertrauen untereinander. Auch hier kann die Architektur mit der Anordnung von Arbeitsplätzen viel zu einem guten Sozialklima beitragen. Personen, die sich regelmäßig treffen, unterstützen einander eher.

 

Analysieren Sie mal in Ihrem eigenen Büro…

Wen kann ich schnell erreichen? Wen sehe ich tagtäglich? Gibt es einen gemeinsamen Raum für die Mittagspause? Mit wem arbeite ich in einem Raum?

Arbeiten Sie gemeinsam in einem Raum mit Ihrem Team? Warum ist das so?

Viel Erfolg in Ihren Büroräumen!

Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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